Götzis. (sch) Bejubelter Boulevard, wie er sein soll – brillante Schauspieler, intelligente Story, geistreich-komische Pointen en masse. Die Kempf Theatergastspiele präsentierten kürzlich als vorletzte Vorstellung der beliebten „Applaus“-Reihe AMBACH die Komödie „Auf ein Neues“ des französischen Autors Antoine Rault (geb. 1965 in Paris, aus der Generation der erfolgreichen Kollegen Reza und Schmitt). Marion Kracht, die seit Jahren beliebte deutsche Bühnen-und TV-Schauspielerin, war der glanzvolle Mittelpunkt eines Bühnen-Trios, das ein komödiantisches Feuerwerk der Sonderklasse abbrannte. Es gab permanent viel zu schmunzeln, zu lachen, und der Plot hatte dennoch sympathischen sozialen Tiefgang.
Die Wandlung eines Clochards
Catherine ist eine resolute, selbstbewusste Mittvierzigerin, alleinerziehende Mutter mit gutem Job und genug Geld. Ihr Verhältnis zur liberal denkenden Teenager-Tochter ist sehr getrübt. Da stolpert Catherine am Heiligen Abend über den betrunkenen, desolaten Clochard Michel vor ihrer Wohnungstür, den sie prompt wegjagt. Tochter Sarah ist über die hartherzige Mutter empört, worauf diese demonstrativ den Clochard zur Weihnachtsfeier zurückholt … Der Plan von Catherine steht fest; sie möchte Michel, einen Informatiker, der arbeitslos geworden auf die schiefe Bahn geraten ist, „resozialisieren“. Dieses Bemühen kostet Catherine viel Nerven, doch auch hier gibt es mit dem am Schluss gepflegten Ex-Clochard ein Happyend mit der feschen Mutter, die auch Sarah nun in ihr Herz einschließt.
Traumrolle für Kracht
Selbstredend war für eine so flexible Künstlerin wie Marion Kracht die vor Temperament und Selbstgefälligkeit berstende Catherine eine Traumrolle. Ihre differenzierte Mimik bei ihren diversen Wutausbrüchen oder Anstandspredigten als gestrenges „Mutter-Monster“ oder Clochard-Betreuerin waren Komödiantik erster Güte. Auch Daniel Morgenroth benahm sich als gemütlicher Clochard ebenso authentisch wie später als gewandelter, wieder „salonfähiger“ Partner Michel. Und den aufmüpfigen, rebellischen Teenager Sarah mit seinem wechselnden Liebesleben nahm man der schnippischen Lene Wink gerne ab. Als unsichtbarer Herr der guten Theaterlaune waltete der erfahrene Regisseur Martin Woelffer.